Besuch der Hayes Valley Farm (I)

Heute war ich zum ersten Mal auf der Hayes Valley Farm  an der Ecke Oak Street/Laguna Street in San Francisco. Es war richtig gut, spannend und aufregend und mich haben der Ort und die Leute, die ich dort getroffen habe, sehr begeistert.
Es gibt jeden Mittwoch, Donnerstag und Sonntag Volunteer-Hours von 12-17.00 Uhr. Ich bin einfach vorbeigegangen, nach kurzem Hallosagen, Haftungserklärung unterschreiben und Namensschildankleben fange ich auch schon an mitzumachen und lerne einen anderen Freiwilligen kennen, der aus San Francisco kommt, aber wohl ziemlich viel in der Welt unterwegs war, und der jetzt wieder hier ist um seine alte Mutter zu pflegen. Er fragt mich gleich, ob ich aus Deutschland komme und will von mir wissen, ob Ulm in Bayern oder in Baden-Württemberg ist, worauf ich zugeben muss, dass ich es nicht genau weiß...


Die Farm ist auf einer ehemaligen Freeway-Auffahrt - und das meine ich wörtlich. Nach dem Erdbeben von 1989, das die Auffahrt zum Freeway-Viadukt zerstört hat, ist diese nicht wieder aufgebaut worden, das Gelände lag lange brach, die Stadt verkauft es jetzt gerade für den Bau von Wohnhäusern mit Eigentumswohnungen (?). Seit ca. einem Jahr gibt es die Farm. Die meisten Beete sind, wenn ich das richtig gesehen und verstanden habe, auf einer ca. 30 cm dicken Mulchschicht direkt auf dem Asphalt angelegt. Auf dem Teil des Geländes, der wahrscheinlich im nächsten Jahr noch bebaut werden soll, stehen vor allem Obstbäume in Kübeln. Auf dem unteren Teil des Geländes, der auch bebaut werden soll, aber erst später, sind viele Hügelbeete angelegt. Auf zwei Areale mit Hügelbeeten schütten wir ersten drei Freiwilligen des Tages eine Kompost-Schicht auf. Später soll noch ein Bewässerungssystem in den Hügelbeeten installiert werden, da es ab April hier sehr trocken ist.

Nachdem wir die Beete mit einer Kompostschicht versehen haben, haben wir zwischendurch noch bei einem Permakultur-Kurs zum Thema Wasser mit zugehört, was heute das Thema des Tages war. Die Erde, der blaue Planet, das meiste Wasser ist nicht in den Ozeanen, Seen, Flüssen sondern im Boden. Nur ein sehr geringer Teil des Wassers auf der Erde ist für uns nutzbares, trinkbares Süßwasser. Damit gehen wir sehr uneffizient um. Wir erfahren einiges über die Wasserversorgung von San Francisco: durch ein 93 Jahre altes Betonrohr von der Ostseite der Bay wird das Trinkwasser über 90 Meilen hertransportiert, um es quasi direkt mit der Klospülung in die Bay zu jagen.
Wir erfahren, dass es durch die Wasserspar-Tasten an den Toiletten auch hier ein Problem mit den Abwasserrohren gibt, die nicht mehr voll genug sind, so dass sie im Sommer stinken. Von diesem Problem habe ich auch in Hamburg schon gehört. Ein Fehldesign: Rohre, gemacht dafür, richtig viel Wasser (kostbares Trinkwasser) schnellstmöglich durch den Abfluss in die Bay zu schicken.

Nach der Theorie gehen wir mit der Idee, wir seien ein Wassertropfen über das Gelände und schauen uns um, beobachten, was uns auffällt. Als wir uns wieder versammeln, wird erzählt, dass im ersten Jahr das ganze Regenwasser im Winter über die Rampe vom Gelände in die Kanalisation geflossen ist. In diesem Jahr ist das nicht mehr passiert, weil Mulch, Swales, gewundene Hügelbeete entlang der Abhänge und ein jetzt trockengefallenes Mini-Flussbett, in das das Wasser vom asphaltierten Teil der Rampe geleitet wird, das Wasser im Boden auf dem Grundstück halten.
Wir erfahren noch einiges mehr über die Baupläne für die eine Parzelle der Farm und über die Strategie des Hayes-Valley-Farm-Projekts, sich nicht an diesem Grundstück festzuketten, sondern hier so lange es geht zu arbeiten, Gemüse zu ernten, Kurse zu veranstalten, Menschen einzubinden und mit urbaner Permakultur zu experimentieren.
Es ist gewissermaßen sehr permakulturell gedacht: möglichst wenig Energie aufwenden, die Ressourcen so nehmen, wie sie kommen und nicht versuchen, etwas zu installieren, was zu den Grundbedingungen des Ortes nicht passt; zum Beispiel durch die Obstbäume in den Kübeln, die jetzt den vorhandenen Platz ausnutzen und die aber auch schnell woandershin gebracht werden können. Die Idee ist eben nicht statisch, viel Aufwand zum Beispiel darein zu stecken, den Asphalt zu entfernen, und dann - wenn das Haus gebaut werden soll - zu jammern und viel Energie in einen Kampf um den Ort zu stecken, der ohnehin nicht aussichtsreich ist.
Die Zuständigen von der Stadt, mit denen die Leute vom Projekt z.B. über Ausgleichsflächen verhandeln, sind wohl auch ziemlich überrascht von dieser Herangehensweise.

Ganz im Sinne des Action Learning sind wir dann wieder in die Praxis eingestiegen, wir haben (mittlerweile mit zwei neuen Freiwilligen Gästen (eine von den beiden macht ein Praktikum in einem Urban-Farm-Projekt in Oakland, das seit über 10 Jahren in einem armen Stadtteil Gemüse anbaut und gegen Spenden oder Bezahlung abgibt, je nach den Möglichkeiten der Menschen) und zwei anderen im Projekt engagierten) angefangen, ein Bewässerungssystem auf die Hügelbeete zu verlegen. Dafür haben wir zuerst Schläuche auf den Rücken der unteren, dann der oberen Hügelbeete ausgelegt zugeschnitten und die anderen haben dann noch die Verbindungsstücke eingebaut.

Eigentlich wollte ich noch beim  Obstbaumpflanzen zusehen - das hat dann am Ende doch noch nicht stattgefunden, weil das Pflanzloch noch länger gewässert werden musste.

Zum Schluss haben wir noch vorbereitete Erde mit einem Gerät in viereckige Anzuchtwürfel geformt und verschiedene Samen in diese Würfel gesät. Die Erde war eine Mischung aus Kompost mit vielen anderen Zutaten. Die Behälter, in die wir die Würfel hineingelegt haben, waren sterilisiert.

Ganz zum Schluss haben wir Tee getrunken und unser Werk betrachtet.

Ich habe selbst noch sehr viele Fragen und bin total neugierig auf alles mögliche...
Diese Woche sollen noch ein Haufen im Gewächshaus und draußen in Töpfen vorgezogenen Pflanzen nach einem detaillierten Gilden-Pflanzplan in die Hügelbeete gepflanzt werden, vielleicht geht es morgen schon los damit.
Ich gehe auf jeden Fall wieder hin und werde sehen und weiter erzählen, wie es wächst.

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Kommentare: 3
  • #1

    amelie (Montag, 21 März 2011 22:17)

    sehr sehr schön, wenn das hier auch bald so aussieht...

  • #2

    Anna (Mittwoch, 23 November 2011 12:34)

    Wäre doch echt toll jetzt einmal Bilder davon zu sehen, wie es jetzt ist.

  • #3

    Judith (Sonntag, 25 März 2012 00:21)

    Danke für den Kommentar! Neuigkeiten von der Farm findest Du hier: http://www.hayesvalleyfarm.com/